Speiseeiszubereitung mit flüssigem Stickstoff

Schon mal für 60 Personen zwei verschiedene Sorten Speiseeis zubereitet? Vielleicht schon, aber innerhalb von 15-20 Minuten vor versammeltem Publikum, das völlig fasziniert ist und dabei noch etwas lernt? Mit Mut und flüssigem Stickstoff ist das kein Problem...

Zu den Rezepten: Schokolade (30 Personen), Vanille (30 Personen) und - ganz neu - Erdbeere (10 Personen)

Flüssiger Stickstoff wird als Kältemittel mit hoher Wärmekapazität eingesetzt und dient dabei u. a. in der Wissenschaft, Lebensmitteltechnologie, Medizin und Pharmaindustrie, z.B. zum Schockgefrieren und zum Gefriertrocknen von empfindlichen Nahrungsmitteln, Zellen, Gewebe, Blut, Biochemika usw., zur Gaslagerung von Obst und Gemüse, in der Technik zur Kaltmahlung von sonst zähelastischen Materialien wie Kunststoffen und Kautschuk etc.

Er wird normalerweise in isolierten offenen Gefäßen bei seiner Siedetemperatur aufbewahrt. Sie beträgt bei Normaldruck -195,8 °C, "eiskalt" ist dafür eine viel zu warme Umschreibung.

Flüssigen Stickstoff kann man natürlich bei dessen Herstellern (z.B. L'Air Liquide) erwerben. Häufig kann man aber die benötigten Mengen in den physikalischen oder chemischen Abteilungen der Universitätsstädte, in Forschungseinrichtungen erhalten. Auch eine Nachfrage beim nächsten chemischen Betrieb könnte helfen.

Sicherheitshinweise:

Flüssiger Stickstoff ist zwar faszinierend, kann aber auch gefährlich werden. Daher unbedingt einige Vorsichtsregeln beachten:

Außerdem benötigt man

Zutaten:

für 3 Liter Schokoladeneis-Rohflüssigkeit werden benötigt:

für 3 Liter Vanilleeis-Rohflüssigkeit werden benötigt:

Wenn mehr Sahne und weniger Milch verwendet wird, ist das gut für den Geschmack und schlecht für die Figur.

Vorbereitung (sollte vor "der Show" in aller Ruhe gemacht werden):
Schoko/Vanille: ½ Liter Milch in einen Topf geben und bis fast zum Kochen erwärmen. Mit Ausnahme der Schokolade alle nicht flüssigen Zutaten darin unter Rühren auflösen.
Erdbeere: siehe unten

Jetzt kann die Show beginnen:

Die vorbereitete Flüssigkeit in einen großen hohen Topf geben und die restliche Flüssigkeit hinzufügen. Dabei kann man mit dem Rest Milch die Vorbereitungsschüssel ausspülen. Zum Schluss kommen noch die Schokoladenstückchen hinzu.

Unter intensivem Rühren gießt man nun einen großen Schuss Stickstoff in die Flüssigkeit, dabei darf man nicht schreckhaft sein: Es zischt, es spritzt und dabei steigt ein heller weisser, völlig undurchsichtiger Nebel aus dem Topf und sinkt sofort über den Tisch zu Boden. Trotzdem muss zügig weiter gerührt und gestampft werden, damit der kochende Stickstoff die Flüssigkeit aufschäumt. War der Topf zu klein, dann läuft jetzt viel Vanille-, Schoko- oder Erdbeersauce auf den Wohnzimmerteppich...  Bald fangen die Nebel an durchsichtig zu werden und sobald man die Flüssigkeit erkennen kann, wird wieder Stickstoff zugegeben.

 Bein Auftreten der ersten grösseren gefrorenen Klumpen wird der Stickstoff etwas langsamer zugegeben, damit das Eis gleichmäßig kalt wird. Ich habe mir angewöhnt mit einem Kartoffelstampfer zu arbeiten; mit ihm lässt sich die an der Oberfläche hart gefrorene Flüssigkeit gut eindrücken und untermischen. Beim Erreichen der gewünschten Eis-Konsistenz kann serviert werden.

Wie viel flüssiger Stickstoff letztendlich benötigt wird, hängt vor allem von der Geschwindigkeit ab, mit der er zugegeben und verrührt wird. Genaue Angaben sind daher schwierig, am besten das zwei- bis dreifache Volumen der Rohmasse einplanen.

Wird öfters wenig Stickstoff zugegeben geht zwar viel an Showeffekt verloren, spart aber auch Kältemittel. Wenn's also knapp zu werden droht, den Stickstoff nur noch Schluckweise zugeben und trotzdem zügig weiterarbeiten, denn "time is nitrogen".

Interessant ist es auch, vor dem Zubereiten des Eises den Zuschauern den flüssigen Stickstoff zu erklären. Dazu wird wenig Stickstoff in ein einfaches Glas gefüllt (vorher ausprobieren, ob es den Kälteschock aushält!). Dabei kann man die tiefe Temperatur erwähnen, doch wer kann sich schon -200°C vorstellen! Nach einer kurzen Weile ist das Glas tiefgekühlt und der Stickstoff hört auf zu brodeln und zu spritzen. Taucht man nun eine Blume (Rosen sind sehr dekorativ) in das Glas, führt dies zu kurzem Aufschäumen. Wenn man nun die Rose aus dem Stickstoff nimmt, sieht sie völlig normal aus. Lediglich etwas weißer Nebel fließt von ihr herab und sofort bildet sich weißer Reif. Davon aber nicht ablenken lassen (wenn doch, einfach noch einmal im Stickstoff tiefkühlen), sondern die Blume sofort auf den Tisch oder ein Brett legen und mit einem Hammer darauf schlagen. Sie wird in tausend Stücke zerspringen, als bestünde sie aus Glas. Ähnlich verhalten sich alle weichen Materialien wie Erdbeeren, Pflaumen oder auch ein Stück Gartenschlauch und leere Luftballons.

Effektvoll ist es auch, eine Banane erst tief zu kühlen, um dann mit ihr einen Nagel in ein Brett zu schlagen.

Aufgeblasene Luftballons fallen in sich zusammen, da die Luft in ihrem Inneren ebenfalls flüssig wird.


Mein Favorit

für ca. 2 kg Erdbeer-EIS (10 große Portionen) werden benötigt:

Vorbereitung: Erdbeeren waschen, putzen und zuckern. Eine Weile (z. B. während des Grillens der Vorspeise Würstchen) im Metalltopf stehen lassen, damit sie Saft ziehen.

Die Show:
Zunächst ein oder zwei Becher Sahne über die Erdbeeren geben und letztere mit dem Kartoffelstampfer vorsichtig zerdrücken. Es sollte dabei keine homogene Erdbeermatsche entstehen, sondern kleine Stückchen übrigbleiben. Danach die restliche Sahne untermischen. Mit der Erdbeersauce je nach Aroma, Farbe und Geschmack der Mischung nachwürzen (bei der letzen Mischung haben wir etwa 200 ml benötigt).

Die Stickstoffzugabe erfolgt wie üblich in Schüben. Die an der Oberfläche hart werdende Masse mit dem Kartoffelstampfer immer wieder nach unten drücken und untermischen. Beim Erreichen der gewünschten Konsistenz sofort servieren.



Literatur:
  • Spektrum der Wissenschaft, Juni 1992
  • Internet: http://www.polsci.wvu.edu/Henry/Icecream/Icecream.html


  • © 1997-2008 Thomas Blenkers